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Opernsänger üben sich in Kampfkunst

Caroline Hähnel

Aug 22, 2023

Opernsänger üben sich in Kampfkunst

Caroline Hähnel

Aug 22, 2023

Operngesang ist bekanntlich Hochleistungssport. Doch was hat Singen mit fernöstlicher Kampfkunst zu tun? Für Anisa Kureishi ist beides vergleichbar, denn die Bereitschaft zur Konfrontation, die man bei Sportarten wie Kung Fu und Kickboxen benötigt, brauchen ihr zufolge auch Sänger, wenn sie sich auf der Bühne vor einem Publikum exponieren.


Kureishi ist selbst Sopranistin und Dozentin der Lotte Lehmann Akademie in Perleberg, wo sie die Teilnehmer bei der Körperarbeit unterstützt. Das von ihr angebotene Bewegungstraining ist vielfältig, denn es beinhaltet Elemente aus dem Yoga ebenso wie Laufen und Dehnübungen, schnelle Kampfsportbewegungen neben fließenden Übungen aus Tai Chi und Qi Gong.


Jeden Morgen um acht Uhr, noch vor dem Gesangsunterricht, treffen sich die jungen Opernsänger für eine Stunde mit Kureishi. Heute steht eine Tai Chi-Einheit auf dem Programm. Jede Übung wird zunächst von Anisa Kureishi erklärt und demonstriert, bevor alle gemeinsam die Bewegung ausführen.


Die Teilnehmer sind hochkonzentriert, ballen ihre Hände zu Fäusten und strecken die eine weit in den Raum, vollführen eine Drehbewegung mit gespreizten Fingern und nehmen die Hand wieder eng an den Körper. „Und nun die andere Seite“, sagt Kureishi. Jede Übung wird mehrmals wiederholt, doch die Teilnehmer dürfen auch mal Pause machen. Am Ende des Trainings wird für zehn Minuten zusammen meditiert.


Bewegungsabläufe aus der chinesischen Kampfkunst könnten gerade für Sänger hilfreich sein, erläutert Kureishi: Durch Tai Chi und Qi Gong schaffe man eine gute Balance zwischen Spannung und Entspannung. „Beabsichtigt ist, dass der Körper mitschwingt und der Atem fließt. Darüber kann man die richtige Spannung beim Atmen finden. Beim Singen soll man nicht mit so viel Absicht atmen, sondern auch mal loslassen. Erst dann machen wir Kunst.“


Schnellere Bewegungen aus dem Kung Fu hingegen tragen der Kanadierin zufolge dazu bei, das Selbstvertrauen der jungen Sänger gerade im Hinblick auf künftige Auftritte zu stärken. „Ein bisschen Konfrontation ist dafür gut. Es hat einen großen Einfluss auf die Bühnenpräsenz.“


Daneben gehe es in ihrem Bewegungstraining auch um den Muskelaufbau, insoweit dieser für das Singen relevant ist, etwa indem die Brustmuskulatur gekräftigt wird. In ihrer eigenen Gesangsausbildung sei ihr immer wieder gesagt worden, sie müsse mehr Bauchmuskeln aufbauen, erinnert sich Kureishi. „Doch es wurde nicht gesagt, wie.“


Das Wissen um dieses Wie hat sie sich selbst angeeignet. So lief sie zum Beispiel mit einer zehn Kilogramm schweren Gewichtsweste, um ihre Ausdauer zu trainieren. Eine Technik, die professionellen Sängern bereits in früheren Jahrhunderten bekannt gewesen sei, erzählt Kureishi. Chinesische Kampfkunst übt sie seit ihrer Kindheit aus, als sie mit ihren Eltern nach Stationen in den USA und Deutschland erst nach China und dann nach Singapur zog.


Nach ihrem Schulabschluss entschied sie sich für ein Studium in Physik und Philosophie in Harvard, daneben nahm sie privat Gesangsunterricht. 2013 war sie Teilnehmerin der Lotte Lehmann Woche, wo sie mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Seit 2015 ist sie als Dozentin regelmäßig bei der Lotte Lehmann Akademie mit dabei.


„Ich will den Teilnehmern individuelle Empfehlungen geben, die ihnen helfen können. Theater braucht viel Körperarbeit und oft machen Sänger wenig Sport. Ein häufiges Problem ist, dass man nicht den ganzen Körper zum Singen benutzt, doch das sollte man bewusst tun“, so Anisa Kureishi. „Es muss in den Bewegungen immer eine ganzkörperliche Verbindung geben. Ich versuche, das, was für mich funktioniert hat, weiterzugeben.“

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